MO_Schaufenster #35: KIRKPINAR – MO_Kunstpreis für caner teker
Ein schwarzer Raum, ein Ring. Sporthosen, Boxhandschuhe, Handtücher. Es riecht nach Öl. Das Werk caner tekers lässt sich in diesem Raum nur noch erahnen. KIRKPINAR, die Performance, das Kunstwerk, das am 19.11.2023 in die Sammlung des Museum Ostwall eingegangen ist, realisiert sich nur im Moment seiner Umsetzung. Wie sammelt man eine Performance? Wie stellt man eine Performance aus?
Mit KIRKPINAR widmet sich caner teker der über 750 Jahre alten Tradition des türkischen Öl-Ringkampfes Yaðlý Güreþ. Die Performance hinterfragt tradierte Vorstellungen von Männlichkeit: Statt die gewaltsame Seite des Kampfes hervorzuheben, richtet caner teker den Blick auf die mit ihm verbundene körperliche Intimität.
In diesem Ring agieren zwei Performer*innen miteinander: Sie bandagieren ihre Hände, legen einen Mundschutz an, reiben sich mit Öl ein. Wie in Zeitlupe treffen sie aufeinander: Kraft und Energie, die wechselseitig auf die Körper einwirken, werden sichtbar. Die Überwältigung, das Besiegen des Gegenübers wandelt sich in ein Miteinander, ein gegenseitiges Stützen und Ausbalancieren. Die Verlangsamung des Kampfes enthüllt eine den Berührungen innewohnende Intimität und Zärtlichkeit. Der muskulöse, durchtrainierte Körper, in der europäischen Kunstgeschichte seit Jahrhunderten als Ideal von Männlichkeit verehrt, erfährt eine neue Lesart, die sich aus westlichen, asiatischen, deutschen, türkischen und nicht zuletzt: queeren Perspektiven speist.