SportDatenGrafiken: Was Statistik über den Sport erzählt
Jede Sportart hat ihre Mythen. Im Fußball regiert der Heimvorteil, leichte Skispringer fliegen angeblich besser, und in der Leichtathletik gilt der letzte Versuch als der erfolgreichste. Durch stetige Wiederholung und mittels Anekdoten sind derartige Weisheiten fest im kollektiven Gedächtnis verankert. Doch stimmen sie wirklich? Wer das überprüfen möchte, benötigt eine belastbare Grundlage, idealerweise eine umfassende Datenbasis aus einer oder mehreren seriösen Quellen – und statistische Methoden, um die Daten fundiert auszuwerten.
Diese Kompetenzen lernen Studierende der TU Dortmund im interdisziplinären Seminar „Sport und Statistik“. Das gemeinsame Angebot der Fakultät für Statistik und des Instituts für Journalistik schlägt dabei einen weiten Bogen: Die Studierenden beschaffen, analysieren und visualisieren Daten zu einem spezifischen Mythos. In gemischten Teams aus beiden Fachrichtungen recherchieren sie weitere Hintergründe, führen Interviews mit Fachleuten und suchen Personen, die exemplarisch für das Thema stehen. Die Ergebnisse werden schließlich in journalistischen Beiträgen dargestellt – veranschaulicht mit überzeugenden Infografiken und erzählt an Geschichten aus dem echten Sportlerleben.
Das Seminar verbindet Fachbereiche, die in einer zunehmend datengetriebenen Welt von hoher gesellschaftlicher Bedeutung sind.Zum einen die Datenwissenschaften, deren statistische Methoden dabei helfen, bereits die Erhebung von Datensätzen sinnvoll zu gestalten und aus ihnen belastbare Resultate zu gewinnen. Zum anderen die Kommunikationswissenschaften. Sie können wirkungsvolle Formate entwickeln, um auch komplexe und abstrakte Inhalte verständlich zu vermitteln. In der interdisziplinären Zusammenarbeit bringen beide Disziplinen ihre fachspezifischen Fähigkeiten ein und erweitern die eigene Perspektive. Damit umfasst das Seminar das gesamte Spektrum der Datenkompetenzen und kann die Studierenden auf aktuelle Entwicklungen in ihren späteren Berufsfeldern vorbereiten. So werden auch im Journalismus inzwischen umfangreiche Datensätze verwendet, um evidenzbasiert zu komplexen Fragestellungen zu recherchieren – etwa zur Entwicklung der pandemischen Lage oder für die investigative Auswertung von Leaks. Und die Statistik bemüht sich zunehmend auch um die Vermittlung ihrer Methoden, um ihr Potenzial zu entfalten und eine gesamtgesellschaftliche Wirksamkeit ihrer Expertise zu ermöglichen. Eine angemessene Transparenz von Arbeitsweisen und Methoden sind schließlich für beide Fachbereiche elementar.
Die Ausstellung zeigt neun von Studierenden entwickelte Arbeiten aus den vergangenen Semestern. Im Fokus stehen datenbasierte Infografiken zu Mythen aus ganz unterschiedlichen Sportarten: Der Heimvorteil wird gleich mehrfach untersucht, sowohl für den Wintersport als auch während der Fußball-Geisterspiele in der Pandemie. Aufgelöst wird zudem, ob Borussia Dortmund wirklich so viel stärker von Verletzungen betroffen ist als andere Fußballvereine aus der 1. Bundesliga. Zwei weitere Projekte nehmen beliebte Basketball-Mythen unter die Lupe – das angebliche Phänomen der Hot Hand und die Leistungen der NBA-Profis bei den jährlichen Christmas Games. Für mehrere Sportarten haben die Studierenden analysiert, inwiefern Erfolg und Karriereende zusammenhängen, und klare Unterschiede festgestellt. Weitere Beiträge widmen sich den Mythen der Leichtgewichte beim Skispringen, der Gewalt im Eishockey und der Bedeutung der Herkunft bei E-Sport-Profis für deren sportlichen Erfolg.
Flankiert werden diese Beiträge von Artefakten aus der Sportanalytik. Ein früher, in der Elektrotechnik der TU Dortmund entwickelter Prototyp eines mit Sensoren versehenen Sportschuhs zeigt Ansätze, über die Messung von Druck und Beschleunigung Daten zu gewinnen, die für die Vorbeugung von Verletzungen genutzt werden können. In einem kleinen Parcours und anhand eines Eye-Trackers können Besucherinnen und Besucher der Ausstellung zudem selbst Daten erheben, sichtbar machen und vergleichen. Ein dokumentarischer Film zeigt schließlich die Arbeit der interdisziplinären Teams aus Studierenden der Statistik und Journalistik in den einzelnen Projektabschnitten.
Mehrere Veranstaltungen runden das Programm der Ausstellung ab. Am Familiensonntag sind alle Interessierten eingeladen, am frühen Nachmittag an kleinen statistischen Live-Experimenten teilzunehmen. Lehrende aus dem Seminar werden diese vor Ort betreuen und die fachlichen Hintergründe erläutern. Drei zusätzliche Abendveranstaltungen laden ein, tiefer in einzelne Themen der Ausstellung einzutauchen: Von der Freestyle-Snowboarderin Silvia Mittermüller erfahren Besucherinnen und Besucher, wie sich im Verlauf ihrer Karriere die Relevanz von Sportdaten gewandelt hat. Lisa Goldschmidtböing und Patrick Stotz aus dem Datenteam des Magazins Der Spiegel geben Einblicke in die redaktionelle Arbeit mit Sportdaten. Und Manuel Stein vom Datenprovider Subsequent berichtet, wie in Fernsehaufnahmen mithilfe von KI-Systemen Spielerskelette erkannt und analysiert werden können.
Auf dem Campus Stadt gibt die Technische Universität Dortmund als Partner im Dortmunder U regelmäßig Einblicke in Forschung und Lehre. Ausstellungspräsentationen und der Raum als Forum des Dialogs bieten der Stadtgesellschaft durch verschiedene Veranstaltungsformate die Möglichkeit, Fragestellungen und Erkenntnisse der Wissenschaftsdisziplinen kennenzulernen und gemeinsam zu diskutieren.
Rahmenprogramm
Donnerstag, 27.04.23, 18:00 Uhr: Fußball durch die Augen des Computers
Vortrag
Wie können aus Fernsehaufnahmen Spielerskelette erkannt und analysiert werden? Wie kann KI Visualisierungen live ins TV-Bild zeichnen? Dr. Manuel Stein, Geschäftsführer der Subsequent GmbH, berichtet von seiner spannenden Forschung der letzten 10 Jahre.
Keine Anmeldung erforderlich
Keine Gebühr
Donnerstag, 04.05.23, 18:00 Uhr: Wie im Journalismus aus Sportdaten spannende Geschichten werden
Diskussionsrunde mit Kurzvorträgen
Lisa Goldschmidtböing und Patrick Stotz arbeiten im Datenjournalismus-Team des Magazins DER SPIEGEL. Sie geben Einblicke in redaktionelle Analysen, bewährte Methoden und unerwartete Herausforderungen beim datenbasierten Storytelling.
Keine Anmeldung erforderlich
Keine Gebühr
Sonntag, 07.05.23, 14:00 Uhr/15:00 Uhr: Datenpunkte in Aktion: Live-Statistik-Experimente mit Forschenden der TU Dortmund
Veranstaltung am Familiensonntag
Am Familiensonntag sind alle Interessierten eingeladen, am frühen Nachmittag an kleinen statistischen Live-Experimenten teilzunehmen. Lehrende aus dem Seminar werden diese vor Ort betreuen und die fachlichen Hintergründe erläutern.
Keine Anmeldung erforderlich
Keine Gebühr
Donnerstag, 11.05.23, 18:00 Uhr: Data Science meets Football
Vortrag
Mathias Kolodziej und Alexander Gerharz arbeiten gemeinsam in der Abteilung „Sportwissenschaft“ bei Borussia Dortmund. Sie stellen vor, welche Daten in einem professionellen Fußballverein erhoben werden und wie daraus anwendbares Wissen generiert wird.
Keine Anmeldung erforderlich
Keine Gebühr
Donnerstag, 25.05.23, 18:00 Uhr: Daten im Freestyle Snowboard Sport – Symbiose oder Kontrast?
Vortrag mit anschließender Diskussionsrunde
Silvia Mittermüller fährt seit über 20 Jahren professionell Freestyle-Snowboard. Sie beschreibt, wie sich im Verlauf ihrer Karriere die Relevanz und Art von sportspezifisch wichtigen Daten gewandelt hat. Kann die künstlerische Komponente des Freestyle-Sports trotz realer Zahlen und Messwerten weiterhin ihren Zauber behalten?
Keine Anmeldung erforderlich
Keine Gebühr