Interview mit „Studio 54: Night Magic“-Ausstellungsmanagerin Christina Danick

Ausstellungsmanagerin Christina Danick & Kurator Matthew Yokobosky vom Brooklyn Museum (Foto: Roland Baege)

Seit etwa einem halben Jahr haben wir eine neue Mitarbeiterin im Dortmunder U: Christina Danick. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Ausstellungsmanagerin ist sie für die Sonderausstellungen auf Ebene 6 zuständig. Davor hat die gebürtige Dortmunderin verschiedene berufliche Stationen durchlaufen und arbeitete z.B. bei Urbane Künste Ruhr.

Ihr erstes Projekt im Dortmunder U war die Koordination der Sonderausstellung „Studio 54: Night Magic”. Wir haben sie zum Interview getroffen.

Liebe Christina, was genau sind deine Aufgaben im Dortmunder U?

Ich koordiniere die Wechselausstellungen im Dortmunder U, dabei arbeite ich oft in unterschiedlichen Konstellationen mit Kolleg*innen unserer Einrichtungen zusammen. Meine Aufgaben variieren von Ausstellung zu Ausstellung.

Ausstellungsansicht „Studio 54: Night Magic“ im Dortmunder U 26.06.-
17.10.2021 (Foto: Roland Baege)

Was hat die Arbeit für die Ausstellung „Studio 54: Night Magic“ so besonders gemacht?

Einerseits habe ich großes persönliches Interesse an den Themen Popkultur, Musik und Clubkultur. Mit seinen Freund*innen auszugehen und mit vielen Menschen gemeinsam zu feiern gehört bestimmt zu den Dingen, die viele von uns in den letzten Monaten schmerzlich vermisst haben.
Andererseits finde ich das Thema Studio 54 aus kulturhistorischer Sicht spannend: Der Club war geradezu ein Treffpunkt, an dem Künstler*innen, Prominente, Fotograf*innen, aber auch Politiker*innen zusammenkamen, um zu feiern. Studio 54 diente seinen Besucher*innen sowohl zur Inspiration, als auch zur Selbstdarstellung.
Die Geschichte des Clubs wirft Fragen auf wie z.B. ,,Wie definieren wir den Begriff ,,Szene”?”, ,,Wie wollen wir zusammen feiern?”, als auch Fragen nach sexueller Freiheit und Geschlechtsidentität. Im Studio 54 feierten die Gäste gemeinsam, unabhängig von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Damit war der Club besonders für seine Zeit sehr fortschrittlich und frei – auch wenn nicht jeder vom Türsteher eingelassen wurde.

Was ist der stressigste Part deiner Arbeit für „Studio 54: Night Magic“? Was ist der schönste?

Ausstellungsansicht „Studio 54: Night Magic“ im Dortmunder U 26.06.-
17.10.2021 (Foto: Roland Baege)

Corona hat uns auf jeden Fall vor Herausforderungen gestellt. Durch die Pandemie wurde die Ausstellung verschoben und an einem der anderen Ausstellungsorte, der Art Gallery of Ontario in Toronto, sogar nie eröffnet. Dadurch hatte ich selbst nie die Chance, die Ausstellung vor dem Beginn meiner Arbeit zu besichtigen und musste sie mir aus Dokumenten und Fotos erschließen, die das Brooklyn Museum zur Verfügung gestellt hat. Das war wie eine Art “Detektivspiel”: nicht ganz einfach, aber sehr spannend.
Letztendlich kann ich sagen, dass wir es geschafft haben, die Vision des Kurators Matthew Yokobosky im Dortmunder U umzusetzen und der Ausstellung gleichzeitig unsere eigene Note zu verleihen, so haben wir z.B. ein eigenes Lichtdesign entwickelt , sowie eine eigene Ausstellungsarchitektur und –szenografie. Das schönste an meiner Arbeit zu Studio 54 war es, sich inhaltlich mit den späten 70ern und dem Club an sich auseinander zu setzen. Auch die Zusammenarbeit mit den vielen verschiedenen Akteur*innen, dem Team des Dortmunder U und allen externen Partner*innen hat sehr viel Spaß gemacht. Kurz vor Ausstellungseröffnung war es einfach schön, zu sehen, wie nach monatelanger Arbeit die Kunst geliefert wurde und Auf- und Umbau abgeschlossen wurden, wie sich die Ausstellung langsam füllte und alles zusammenkam.

Ausstellungsansicht „Studio 54: Night Magic“ im Dortmunder U 26.06.-
17.10.2021 (Foto: Roland Baege)

Worauf freust du dich selbst während des Ausstellungszeitraums am meisten?

Einerseits freue ich mich sehr auf unser geplantes Rahmenprogramm zur Ausstellung und darauf, die beiden Ausstellungen der UZWEI und des HMKV zum Thema Clubkultur zu besichtigen. Andererseits freue ich mich auch wahnsinnig darauf, mit den Besucher*innen in Kontakt zu kommen und mich mit ihnen auszutauschen.

Wenn du in den späten 70ern selbst die Chance gehabt hättest, das Studio 54 zu besuchen, mit wem hättest du gerne gefeiert und warum?

Ich befürchte, ich wäre nicht eingelassen worden! (lacht)

Ausstellungsansicht „Studio 54: Night Magic“ im Dortmunder U 26.06.-
17.10.2021 (Foto: Roland Baege)

Die Frage ist schwierig zu beantworten, da ich natürlich keine der damaligen (prominenten) Gäste persönlich kenne. Allerdings ich hätte gerne Persönlichkeiten wie Liza Minelli oder einige der anwesenden Künstler*innen und Fotograf*innen getroffen oder eines der zahlreichen Events im Studio miterlebt: Am liebsten die Silvesterparty 1977/78, an der ein Konzert von Grace Jones stattfand – die Fotos von dieser Nacht sehen toll aus!

Was glaubst du, ist der wichtigste Grund warum Studio 54 so berühmt geworden ist? Lag es eher an seinen Skandalen, seiner gesellschaftlichen Offenheit oder doch an seinen prominenten Stammgäste?

Ich glaube, die Mischung aus allem war entscheidend. Das Zusammenspiel vieler verschiedener Faktoren machte das Studio 54 so einzigartig. Schon allein die Gestaltung war außergewöhnlich. Der Club war ein umgebautes Theater, es gab ständig wechselnde Bühnenbilder, die Bühnentechnik und besonders die Lichttechnik des Theaters wurden weiterhin genutzt, aber umfunktioniert. So konnte sich jeder Gast auf der Tanzfläche wie im Scheinwerferlicht fühlen.

Ausstellungsansicht „Studio 54: Night Magic“ im Dortmunder U 26.06.-
17.10.2021 (Foto: Roland Baege)

Zudem wurden die Events im Studio 54 schon damals kuratiert, etwas, das heute zwar selbstverständlich, in der damaligen Zeit aber eigentlich noch gar nicht üblich war. Angefangen bei den Einladungen bis hin zum gesamten Ablauf einer Party wurde alles sorgfältig geplant, nichts wurde dem Zufall überlassen und den Besucher*innen wurde stets etwas Neues geboten.

Ein weiterer Grund für die Bekanntheit von Studio 54 war sicherlich das jähe Ende des Clubs resultierend aus dem berühmtesten Skandal des Clubs, der Verhaftung der Gründer.

Schließlich darf man nicht unerwähnt lassen, dass Studio 54 den Höhepunkt der Diskokultur markierte. In den Jahren nach der Schließung setzten sich andere Musikrichtungen durch, und elektronische Musik entstand – im Grunde war House zum Großteil eine Weiterentwicklung von Disco. Slogans wie „Disco is dead” beschrieben das Ende einer Ära.