Ausstellung „For Free“ zeigt kostenlose Kunst, Klingeltöne und DDR-Kantine im Museum Ostwall
MO_Schaufenster #40 im Dortmunder U präsentiert Werke von Nadja Buttendorf
Nadja Buttendorf (*1984 in Dresden) bietet kostenlos Kunst an, beschäftigt sich mit einer möglichen DDR-Popkultur und Klängen aus Klingeltönen. Ihre Ausstellung „For Free“ ist ab dem 11. Juli im Schaufenster des Museum Ostwall zu sehen.
Das meiste von Nadja Buttendorfs Kunst gibt es online. Wer ihre Website nadjabuttendorf24.com besucht, findet dort jede Menge Songs, GIFs und 3D-Modelle. Sie nutzt das Internet auch zur Inspiration, etwa für ihre „Body Presents“. Online fand sie jede Menge Anbieter von Bewegungsmustern für 3-D-Avatare, die zum Beispiel für Spiele genutzt werden: von fantastischen Stunts zu schnellen Sprints. „Man findet aber wenig Bewegungen, wo Leute nichts machen, depressiv sind oder rumliegen.“ Das brachte sie auf eine Idee: Sie erstellte eine komplette 3-D-Bibliothek von sich selbst.
Zu sehen ist das auf einem Bildschirm im MO_Schaufenster. Buttendorfs Körper ist als digitaler Avatar beinahe bewegungslos. Mal blättert sie in einem Buch, mal scheint sie komplett regungslos. „Das ist keine Bewegung, die angesehen ist, es sei denn, man ist reich. Wenn man arm ist und rumliegt, gilt man als faul“, so die Künstlerin. Buttendorfs Körperbilder widersetzen sich so den stereotypen Vorstellungen von Produktivität – und auch von Schönheit. Die grotesken Selbstporträts „Buttney Reactions“ zum Beispiel sind als Sticker für Chats auf Telegram entstanden. „Ich habe meine hässlichsten Fotos dafür genommen“, sagt sie. Die Sticker sind vielfältig einsetzbar und zieren zum Beispiel bedruckte Shampoo-Flaschen.
Geldregen, groteske Selbstporträts und Handy-Klingeltöne
Unter der Rubrik „FOR FREE“ stellt die Künstlerin Songs, GIFs und 3D-Modelle auf ihrer Website zum kostenlosen Download bereit. Der Slogan „FOR FREE“ ist eng mit der kapitalistischen Vermarktung neuer Produkte verbunden und auch der Titel der Ausstellung. „Will die Künstlerin uns mit kleinen Geschenken ködern, um am Ende doch Kunst zu verkaufen? ,FOR FREE‘ lädt dazu ein, über den Wert von Kunst und künstlerischer Arbeit zu diskutieren. Und die Besucher*innen können selbst kreativ werden, indem sie Nadja Buttendorfs Kunstwerke downloaden und weiterbearbeiten“, so Clara Niermann.
Im MO_Schaufenster ist die Kunst über QR-Codes herunterladbar. Wie ein Geldregen aus DDR-Mark, der vor einen Green-Screen zu sehen ist und somit frei für alle Zwecke verwendet werden kann. „Geldregen ist eigentlich ein Ausdruck von Reichtum, doch diese Scheine sind wertlos“, sagt die Künstlerin. Ein Gegensatz. Die fallenden DDR-Mark-Scheine sollen an das Ende der DDR und daran erinnern, dass die „Volkseigenen Betriebe“ (VEB) überwiegend von westdeutschen Investor*innen gekauft wurden.
Austellung nimmt DDR und mediale Trends in den Blick
Auch wenn der Platz im MO_Schaufenster begrenzt ist, die Ausstellung ist vielfältig: Es gibt zum ersten Mal ein 3D-Modell einer Betriebskantine zu sehen, das einen Einblick in die Geschichte des größten Computerherstellers der DDR, Robotron, bietet. Mit der Geschichte dieses VEB beschäftigt sich auch das Musikalbum „#robotron003“. Handyklingeltöne und Symbole von gängigen Videoplattformen inspirieren Buttendorf zu ihren Kunstwerken. So basieren „MARIMBA MIX“ und „pearlchain.gif“ auf weit verbreiteten Bildern und Sounds. Die 38 Songs von „MARIMBA MIX“ basieren auf einem Standard-Klingelton von iPhones. Buttendorfs Songs zeigen, wie eine Melodie kreativ interpretiert und so ihrem eigentlichen kommerziellen Zweck entzogen werden kann. „pearlchain.gif“, eine digitale Perlenkette, ist vom Lade-Symbol (engl. Throbber) auf Video-Plattformen wie YouTube inspiriert.
Eröffnung am Donnerstag, 10. Juli, 18:30 Uhr – Laufzeit: 11. Juli bis 9. November 2025, MO_Schaufenster, Ebene 5, Museum Ostwall im Dortmunder U.
Begleitprogramm:
Q & A – Fragen und Antworten zur Ausstellung
Bei der 25. DEW21-Museumsnacht am Samstag, 20. September, beantwortet Clara Niermann, Kuratorin und wissenschaftliche Volontärin des Museum Ostwall im Dortmunder U, Fragen zu Ausstellung. Für die Veranstaltung im MO_Schaufenster, Ebene 5, von 17 bis 21 Uhr benötigen Teilnehmende ein Ticket für die 25. DEW21-Museumsnacht.
Artist Talk: Nadja Buttendorf im Gespräch
Am Donnerstag, 2. Oktober, ist Nadja Buttendorf im Gespräch mit Clara Niermann, Kuratorin und wissenschaftliche Volontärin des Museum Ostwall im Dortmunder U. Die Veranstaltung im MO_Schaufenster, Ebene 5, von 19 bis 21 Uhr ist kostenfrei.