Ausstellungsansicht, Foto: Jürgen Spiler

Fast wie im echten Leben.

Das Museum Ostwall präsentiert seine Sammlung neu

Was hat eine expressionistische Landschaft aus den 1910er Jahren mit meiner Alltagserfahrung zu tun? Wer genau hinschaut wird sehen: Weit mehr als gedacht. Mit seiner aktuellen Sammlungspräsentation “Fast wie im echten Leben“ stellt das Museum Ostwall im Dortmunder U überraschende Verbindungen zwischen unserer Lebensrealität und der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts her: Was sehen wir bei einem Ausflug ins Grüne? Leuchtende Berge und Täler, wie Alexey von Jawlensky sie 1912 malte? Industrielandschaften im Umbruch, wie Matthias Koch, der 2009 den Umbau des ehemaligen Zechengeländes Phoenix-Ost in ein Wohn- und Naherholungsgebiet festhielt? Oder hübsch zurecht gemachte Stadtmenschen beim Spaziergang im Park, wie August Macke sie seinerzeit mit dem Pinsel einfing? Verschiedene Themenräume mit Titeln wie „Ausflug ins Grüne“ oder „Freund oder Feind“ laden die Besucher_innen dazu ein, das eigene Leben mit der Bildwelt von Künstler_innen aus über 100 Jahren Kunstgeschichte zu konfrontieren.

Die Präsentation ist der erste Schritt in einem Prozess, der zum Ziel hat, die Sammlung des MO und das Museum als Institution neu zu denken. Kuratorin Nicole Grothe und ihr Team sehen die aktuelle Neugestaltung, der im kommenden Herbst ein zweiter Schritt folgen wird, als „Work in progress“: Die Veränderung der Architektur hin zu luftigeren Räumen wird durch Spuren am Boden sichtbar. Die Einrichtung eines „Workspaces“ für Angebote der MO Kunstvermittlung in der Ausstellungsfläche, die Integration eines Arbeitsplatzes, an dem Besucher_innen Mitarbeiterinnen des MO über die Schulter schauen können, und die Installation von „Aktionspunkten“, an denen die Besucher selbst kreativ werden können, sind Versuchsanordnungen zu mehr aktiver Besucherbeteiligung.

So werden sowohl neue Verbindungen zwischen den Kunstwerken der Sammlung des MO und der Alltagsrealität der Besucher_innen geknüpft, als auch Zusammenhänge zwischen dem Arbeitsalltag der Museumsmacherinnen und ihrem Produkt sichtbar.

Die Arbeit von Künstler_innen findet nicht im luftleeren Raum, sondern in derselben Lebensrealität statt, die wir alle mit ihnen teilen. Kunst ist eine besondere Art, die Welt zu sehen – und gleichzeitig bestimmt unsere Lebenswelt die Art, wie wir Kunst sehen.

Wer Spaß an dieser Begegnung hat, wird nach dem Besuch der beiden neuen Präsentationen des MO seine eigene Welt mit anderen Augen sehen.