HMKV Video des Monats
01.–31. August 2024
Vika Kirchenbauer: Untitled Sequence of Gaps (2020)
![](https://dortmunder-u.de/wp-content/uploads/2024/07/Vika-Kirchenbauer-UNTITLED-SEQUENCE-OF-GAPS-2020-c-Vika-Kirchenbauer-VG-Bild-Kunst-10.jpg)
Im August zeigt der HMKV Untitled Sequence of Gaps (2020, Video, 12:31 Min., Farbe, Ton. Courtesy of the artist) von Vika Kirchenbauer.
Vorgeschlagen von Niklas Goldbach, im Rahmen seiner Einzelausstellung The Paradise Machine im HMKV Hartware MedienKunstVerein im Dortmunder U, Ebene 3 (bis 1. September 2024).
„In dem Dorf, in dem ich als Jugendlicher einige Jahre leben musste, trugen die Hexen und Hexer keine Kostüme und Masken, und waren weithin sichtbar. Öffentliche Feuer waren auf das Trinkgelage am Ostersonntag beschränkt, und von queeren Personen, geschweige denn Verwandten, war bis zum Horizont der gerasterten Agrar-Landschaft nichts zu sehen, aus der nur die Rapsfelder leuchtend und fast versöhnlich hervorstachen, so gelb wie die Sonne.
Die Stimme Vika Kirchenbauers berichtet in UNTITLED SEQUENCE OF GAPS (2020) anekdotenhaft und gefasst über Ihr Aufwachsen und datiert das Einsetzen ihrer Erinnerung mit 7 Jahren, die Einschulung begleitend. Davor keine Bilder danach meist nur isolierte Erinnerungen. Abwesenheit kann nicht repräsentiert werden.
Die fliegegitterartige Struktur des Mikrowellenfensters, mit der Kirchenbauer die Arbeit beginnen lässt, wird zur Matrix der Geschlechterverhältnisse. Klebriges Popcorn – Allein zu Haus. Kindheit als Phantasie für Erwachsene.
Unweigerlich forscht man bei sich selbst, und fragt sich, welche Bilder der eigenen schwulen Kindheit man schmerzhaft überschrieben, welche Gewalt man in die Schattenzonen der Erinnerung verbannt hat… von Löschen kann keine Rede sein, denn „was gelöscht ist, kehrt gelegentlich als Geist zurück”.
Erneutes und solidarisches Auflodern meiner Empathie bei der Erwähnung von Ferienjobs in Fabriken und der Infragestellung der eigenen Leistungs- und Anpassungsfähigkeit, dem Nachdenken über das eigene Geworden-Sein. Nichts kann so schwierig sein wie einfache Verhältnisse.
Eine Tante, so wird gegen Ende lakonisch berichtet, verwandelte ihre (queere) Verwundbarkeit in Selbstachtung und Respekt — und begab sich so in ein anderes Lichtspektrum, aus dem sie der Künstlerin hoffentlich als Vorbild dienen konnte, leuchtend und weithin sichtbar, radikal ultraviolett.“ – Niklas Goldbach
Vika Kirchenbauer
Vika Kirchenbauer ist eine in Berlin lebende Künstlerin, Autorin und Musikproduzentin. Mit besonderem Fokus auf affektive Subjektbildung untersucht sie die sichtbaren und unsichtbaren Erscheinungsformen von Gewalt, und reflektiert dabei die Umstände, unter denen Subjekte in gesellschaftliche Machtstrukturen verwickelt und innerhalb dieser situiert sind. In umfassenden Einzelausstellungen wurde Kirchenbauers Arbeit im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf; sowie im Kunstverein Kevin Space, Wien; präsentiert. Ihre Videos und Installationen wurden in Gruppenausstellungen und Screenings u. a. im Tainan Art Museum, Taiwan, in der Whitechapel Gallery, London, in der Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen, bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin, beim New York Film Festival und beim Toronto International Film Festival gezeigt. Bei Mousse Publishing ist ihre erste Monografie erschienen, die Essays und Arbeiten aus den letzten zehn Jahren ihrer Praxis vereint. Seit 2022 ist sie Professorin für Freie Kunst / Grundlehre mit Schwerpunkt Film/Video an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.
Zu sehen auf der Webseite des HMKV hier und auf der Ebene 3 des Dortmunder U.