Museum Ostwall gibt neue Publikationsreihen heraus: MO_Paper und MO_Magazin 

Wenn der Kunstkatalog zu schwer ist, um ihn mit ins Café zu nehmen, der Daumen aber vom vielen Scrollen auf dem Handydisplay schon entzündet ist, bieten nun zwei Publikationen aus dem Museum Ostwall die Alternative: Das kleinformatige „MO_Paper“ und das etwas größere „MO_Magazin“ geben von nun an regelmäßig Einblicke in die Sammlung des Museums. Das MO_Magazin erscheint jeweils begleitend zur aktuellen Sammlungspräsentation, erstmals am 30. April 2023 zur Ausstellung „Kunst -> Leben -> Kunst ->. Das Museum Ostwall gestern, heute, morgen.“ Die erste Ausgabe des MO_Paper gibt es bereits ab Sonntag, 6. November für 12 Euro an der Kasse des Dortmunder U zu kaufen. 

Mit der neuen Reihe MO_Paper wird das Museum Ostwall ca. einmal im Jahr besondere Werke aus seiner Sammlung vorstellen. Die erste Ausgabe unter dem Titel „Gezeichnetes“ lädt dazu ein, einen Blick in die Schubladen des Grafikdepots zu werfen und dort Schönes, Wertvolles und Kurioses zu entdecken: Entwurfszeichnungen, Handlungsanweisungen für Happenings, Konstruktionszeichnungen für bewegliche Objekte oder Konzeptpapiere – sie alle sind eine künstlerische „Form des Nachdenkens auf dem Papier“. 

In der aktuellen Ausgabe werfen vier Autor*innen einen Blick auf Entwurfszeichnungen aus der Zeit der Klassischen Moderne. Regina Selter untersucht den Entwurf zu Germaine Richiers zwischen Mensch, Tier und Monster changierender Skulptur „Mante religieuse“ (1946), die die Schrecken des Zweiten Weltkriegs spiegelt. Viktoria von Pidoll vergleicht August Mackes Studie zum „Zoologischen (Garten) I“ von 1912 mit dem zugehörigen Gemälde und begibt sich selbst in den Kölner Zoo, um Mackes Blick auf Mensch und Tier aus heutiger Sicht zu reflektieren. 
Lothar Adam versucht, Max Beckmanns Zeichnung „Liegende“ (1945) und das später ausgeführte Gemälde „Afternoon“ zu entschlüsseln, und Florence Thurmes stellt in ihrem Essay dem männlichen Blick Beckmanns auf sein Sujet eine genderkritische Perspektive gegenüber. 

Nicole Grothe beschäftigt sich mit einer Aktionsskizze von Anatol Herzfeld, in der er 1968 eine Art Drehbuch für sein Event „Drama Tisch“ im Düsseldorfer Club Creamcheese entworfen zu haben scheint, von dem heute noch Requisiten und ein Film in der Sammlung des MO erhalten sind. 

Lisa Schiller schaut mit dem kritischen Auge einer Restauratorin auf die Konstruktionszeichnung zu Gianni Colombos „Strutturazione pulsante“, um herauszufinden, wie der Künstler 1959 eine Ansammlung weißer Styroporklötzchen in Bewegung versetzte und wie sich der Mechanismus für die Zukunft erhalten lässt. Am Ende ihrer Recherche steht eine Überraschung … 

Wie Mark Dion es angestellt hat, die in seiner Skizze zur Rauminstallation „Frankenstein in the Age of Biotechnology“ (1991) festgehaltenen Gegenstände tatsächlich zu finden? Nicole Grothe wundert sich seit Jahren darüber, wie viele Gemeinsamkeiten sich in der Zeichnung und dem mehr als 700 Teile umfassenden „Frankensteinlabor“ ausmachen lassen, und hat den Künstler zu seiner Arbeitsweise befragt. 

Natalie Çalkozan hat sich unter die Insektenforscher*innen begeben und betrachtet Lili Fischers „Schnaken“ in zwei verschiedenen, aber gleichberechtigten Erscheinungsformen: Als Objekt aus und als Zeichnungen auf Papier. 

Viktoria von Pidoll hat sich die gerade neu in die Sammlung des MO aufgenommene Zeichnung „Exchange Fields“ von Bill Seaman vorgenommen, die zu der gleichnamigen interaktiven Videoinstallation gehört, und betrachtet die zeichnerische Darstellung der Begegnung von menschlichen und nichtmenschlichen Körpern. 

Wie spannend eine vermeintlich althergebrachte Technik wie das Zeichnen für die Auseinandersetzung mit Kunstwerken ist, erzählt die Künstlerin Barbara Hlali im Gespräch mit Nicole Grothe. Sie hat für die MO_Kunstvermittlung Projekte entwickelt, in denen sich Kinder zeichnend der 1941 entstandenen Bronzeskulptur „L’Adieu“ (Der Abschied) von Henri Laurens nähern und im Anschluss eigene Bilder eines Wiedersehens entwickeln. 

Autorin: Katrin Pinetzki