Frauen in der Kunst: MO zeigt Künstlerinnen des Expressionismus und Fluxus

Die neue Sonderausstellung im Dortmunder U ist eine Entdeckungsreise zu weiblichen Positionen zweier bedeutender Kunstrichtungen

Frauen im Fokus: Das Museum Ostwall im Dortmunder U zeigt Positionen von Künstlerinnen im Fluxus und Expressionismus. Eine Entdeckungsreise, die für Menschen jeden Alters viel kreatives Unterhaltungsprogramm und neue Erkenntnisse bietet.

Diese Ausstellung ist wirklich leicht zugänglich – im Wortsinn. Schon im Eingang bereitet sie die Besucher*innen plakativ auf die zwei Teile der Sonderschau auf der sechsten Etage des U vor: „ ‚Tell these people who I am‘ – Künstlerinnen in Expressionismus und Fluxus“ steht dort zur Hälfte auf leuchtendem Gelb und auf türkisem Blau. Acht Expressionistinnen können die Besucher*innen im blauen Teil der Ausstellung entdecken – und damit auch ihre verschiedenen Techniken, mit denen sie gearbeitet haben.

Ausstellungsansicht: Künstlerinnen in Expressionismus und Fluxus – „Tell these people who I am“ © Museum Ostwall im Dortmunder U / Roland Baege
Ausstellungsansicht: Künstlerinnen in Expressionismus und Fluxus – „Tell these people who I am“ © Museum Ostwall im Dortmunder U / Roland Baege

Das geht bei Lotte Reiniger ganz praktisch: Die Künstlerin arbeitete mit Scherenschnitt, Animation und Film. An einer Mitmach-Station können die Besucher*innen mit Hilfe von Folien und I-Pad eigene Filme basteln. Alle Altersgruppen werden so angesprochen – denn nicht erst seit der erfolgreichen „Kopfüber in die Kunst“-Ausstellung hat das Dortmunder U Familien fest im Blick. Ähnlich kreativ können die Besucher*innen sich im Fluxus-Teil der Ausstellung an einer Soundstation ausprobieren.  Wie klingt ein Schuh? Oder ein Stock?

Unbekannte Künstlerinnen und Berühmtheiten

Die Ausstellung ist eine Entdeckungsreise: Die Berühmtheit ist ein kleiner zotteliger Bär im ersten Raum, eigentlich zum Knuddeln, wenn er keine Skulptur wäre. Er ist die Vorlage für den Filmpreis der „Berlinale“, gefertigt von der Bildhauerin Renée Sintenis (1888-1965). Doch der Rest ihrer Werke – eher unbekannt. „Dabei war sie eine der erfolgreichsten Bildhauer*innen“, sagt Kuratorin Stefanie Weißhorn-Ponert. Genauso wie Else Berg über viele Jahre vergessen wurde. Auf ihrem Selbstporträt von 1917 wirkt sie ausdrucksstark, intensiv und selbstbewusst – und das konnte sie auch sein. Die geborene Schlesierin hat in Berlin studiert und gehörte zu den führenden Expressionist*innen in den Niederlanden. 1942 wurde sie zusammen mit ihrem niederländischen Ehemann im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von den Nationalsozialisten ermordet.

Die Sammlung des MO soll weiblicher werden

Oder ein Beispiel aus dem Fluxus, einer Kunstbewegung, die auf die Aktion setzte: Charlotte Moormann ist hier zu sehen, wie sie nackt mit Cello ein Werk von Nam June Paik performt. „Oft wird sie als seine Muse bezeichnet, dabei war sie eine eigenständige Künstlerin“, sagt Kuratorin Anna-Lena Friebe.

Die Kuratorinnen der Ausstellung "Künstlerinnen in Expressionismus und Fluxus – „Tell these people who I am“" Anna-Lena Friebe und Stefanie Weisshorn-Ponert © Museum Ostwall im Dortmunder U / Roland Baege
Die Kuratorinnen der Ausstellung „Künstlerinnen in Expressionismus und Fluxus – „Tell these people who I am““ Anna-Lena Friebe und Stefanie Weisshorn-Ponert © Museum Ostwall im Dortmunder U / Roland Baege

Die Kuratorinnen haben viel geforscht, im eigenen Bestand des Museum Ostwall – in dem Werke aus dem Fluxus und Expressionismus den Schwerpunkt bilden – und darüber hinaus. Die Werke von Künstlerinnen sind in der Minderheit. Die Sonderausstellung „ ‚Tell these people who I am‘ – Künstlerinnen in Expressionismus und Fluxus“ will das zunächst für diese Ausstellung schon mal ändern und zeigt bis zum 23. März 2025 auf der sechsten Etage des Dortmunder U Arbeiten von 30 Künstlerinnen aus zwei Epochen des 20. Jahrhunderts. Ein Projekt, das nicht mit der Ausstellung endet: Langfristig sollen auch mehr Künstlerinnen dauerhaft in die Sammlung aufgenommen werden.

Mit dem Memory-Spiel starten Klein und Groß zur Entdeckungstour 

Zur Ausstellung gibt es zahlreiche Veranstaltungen, Workshops und Aktionen, die sich mit viel Spaß und Kreativität den Positionen und Werken der Künstler*innen nähern. Nicht nur an festen Terminen. So können sich Familien mit einem Memoryspiel jederzeit auf Entdeckungstour begeben. Für nur zwei Euro gibt es einen Satz mit Karten, die Klein und Groß selbst fertig gestalten sollen. „Erst die eigenen kreativen Ideen und Gedanken zu den Kunstwerken machen das Spiel komplett“, freut sich Maika Letizia Wolff, die sich hauptverantwortlich um das Bildungs- und Kunstvermittlungsprogramm kümmert.

Viel Programm: Vom Selfie über Tonexperimente bis zu Filmvorführungen

Zur Ausstellung gibt es viele passende Veranstaltungen, die sich kreativ der Ausstellung nähern. An den Familiensonntagen inspirieren Workshops dazu, eigene Kunstwerke zu fertigen, Fotos oder Drucke, Typographie oder Linolschnitt – ganz wie die Expressionistinnen können Familien hier unterschiedliche Techniken selbst ausprobieren und dabei mehr über die Kunstform erfahren. Mit einigen der Workshops kann auch eine Party steigen, sie sind als Kindergeburtstage für bis zu zwölf Kinder buchbar. Auch gibt es ein spezielles Programm für Schulen und Kindertageseinrichtungen. So wird die Ausstellung „ ‚Tell these people who I am‘ – Künstlerinnen in Expressionismus und Fluxus“ für alle zur spannenden Entdeckungsreise durch zwei bedeutende Kunstrichtungen.

Das Programm im Einzelnen:

Sonntag, 3. November: Familiensonntag, 12 Uhr – 17 Uhr
Kunstworkshops für Familien, „Lass mich mal machen!“: Inspiriert durch die Porträts von starken Frauen in der Ausstellung können Besucher*innen in der Schulwerkstatt (Ebene 2) selbstbewussten Selbstporträts aus unterschiedlichen Materialien fertigen.

Freitag, 8. November: „Frida“, 20 Uhr, Kino im U
Nach einem Verkehrsunfall muss Frida längere Zeit im Bett liegend verbringen. Sie beginnt, ihre Erfahrungen, Schmerzen und Fantasien künstlerisch zu verarbeiten. In ihrem Biopic über Frida Kahlo konzentriert sich die US-amerikanische Regisseurin Julie Taymor darauf, zwischen dem Liebes- und Privatleben der Künstlerin und den Werken selbst, die in ihrer Farbigkeit, Traumartigkeit und Sinnlichkeit filmisch animiert werden, zu changieren
(US / CA / MX 2002, 118 Min., Regie: Julie Taymor, OmU, FSK 12 ). Eintrittspreis 8 Euro (5 Euro ermäßigt).

©AFI
©AFI

Samstag, 9. November: Fotoatelier für Groß und Klein, 14 bis 17 Uhr
Inspiriert durch die Fotos von Madame d‘Ora in der Ausstellung können die Besucher*innen selbst kreativ werden: Eine Aufnahme in einem Studio anfertigen zu lassen, war einmal etwas ganz Besonderes und kostbar, gemeinsam soll nun mit moderner Technik ein gutes Bild entstehen (auch am 11. Januar 2025)
Mit Eintrittskarte kostenfrei, um Anmeldung wird gebeten unter mo.bildung@stadtdo.de

Samstag, 23. November: Druckwerkstatt für Erwachsene, 14 bis 17 Uhr
Nach einer Führung durch die Ausstellung können auch Erwachsene in der Druckwerkstatt selbst kreativ werden. Neben klassischen Drucktechniken gibt es die Möglichkeit, mit eigenen Entwürfen zu experimentieren und mit Alltagsmaterialien zu drucken. (Bitte altes T-Shirt  oder ähnliches als Arbeitskleidung mitbringen).
Mit Eintrittskarte kostenfrei, um Anmeldung wird gebeten unter mo.bildung@stadtdo.de

Dienstag, 3. Dezember, Feierabendfilm: „Paula“, 18 Uhr, Kino im U
Schon bei ihrer ersten Begegnung spüren Paula Becker und Otto Modersohn eine besondere Verbindung. Aus ihrer gemeinsamen Leidenschaft für die Malerei wird die große Liebe. Als sie heiraten, führen sie eine Ehe fernab von gängigen Mustern ihrer Zeit. Eine Beziehung in satten Farben, reich an Konturen und mit Spuren von Kämpfen. So wie die Gemälde der jungen Frau, die mutig nach dem Leben greift und die als Paula Modersohn-Becker in die Kunstgeschichte eingehen wird
(DE / FR 2016, 123 Min., Regie: Christian Schwochow, DF, FSK 12). Eintrittspreis 8 Euro ( 5 Euro ermäßigt).

Sonntag, 1. Dezember: Familiensonntag im U: „Druck it!“ -Experimentelle Postkarten-Druckwerkstatt 12 – 17 Uhr
Mit einem Milchkarton und Stoffen ein Bild drucken? Inspiriert durch die Kunstwerke in der Ausstellung können die Teilnehmenden in der Schulwerkstatt (Ebene 2) mit Alltagsgegenständen experimentelle Drucke für Kunstpostkarte anfertigen. 

Kreativaktion im Rahmen des Familiensonntags, © Dortmunder U / Roland Baege
Kreativaktion im Rahmen des Familiensonntags, © Dortmunder U / Roland Baege

Freitag, 6. Dezember, Art on MOve: DORT – MUND – AUGEN, 19 Uhr
Kunst für alle draußen und umsonst: Mit einem fahrenden Kino werden Filme von frühen Filmpionierinnen und Fluxus-Künstlerinnen an die Häuserwände der Dortmunder Innenstadt projiziert. Die Wände haben Augen! Mit Filmen von Yoko Ono, Lotte Reiniger, VALIE EXPORT und der Dortmunderin Elisabeth Wilms.
Treffpunkt: Eingang Dortmunder U

Samstag, 7. Dezember, Fotoatelier für Erwachsene, 14 bis 17 Uhr 
Inspiriert durch die Fotos von Madame d‘Ora in der Ausstellung können Erwachsene selbst kreativ werden: Eine Aufnahme in einem Studio anfertigen zu lassen, war einmal etwas ganz Besonderes und kostbar, gemeinsam soll nun mit moderner Technik ein gutes Bild entstehen (auch am 8. Februar).
Mit Eintrittskarte kostenfrei, um Anmeldung wird gebeten unter mo.bildung@stadtdo.de.

Samstag, 21. Dezember: Druckwerkstatt für Familien, 14 bis 17 Uhr
Inspiriert durch die Drucke in der Ausstellung können die Teilnehmenden selbst aktiv werden. Unterschiedliche Drucktechniken werden vorgestellt, anschließend gibt es die Möglichkeit, kreativ mit den Entwürfen zu experimentieren (auch am 15. März 2025). 
Mit Eintrittskarte kostenfrei, um Anmeldung wird gebeten unter mo.bildung@stadtdo.de

Donnerstag, 16. Januar, Kleiner Freitag: Workshop – „Schrift & Ausdruck: Expressionistische Typografie im Linolschnitt“ 19 Uhr, Schulwerkstatt/ Ebene 2 
Was zeichnet die Typografie des Expressionismus aus? In diesem Workshop gibt es eine Einführung in die grundlegenden Prinzipien der typografischen Gestaltung dieser Epoche – sowohl theoretisch als auch praktisch. Anhand eines Ausstellungsplakats der österreichischen Künstlerin Emma Schlangenhausen werden die typischen Merkmale der expressionistischen Typografie erörtern, bevor die Teilnehmenden eigene  typografische Linolschnitte umsetzen können.
Anmeldung erforderlich unter kleinerfreitag@stadtdo.de.

Sonntag, 5. Januar, Familiensonntag im U: Kunst-Stoff – Stoff-Kunst – textile Kunstwerke, 12 bis 17 Uhr, Dortmunder U
Inspiriert durch die Ausstellung entstehen in der Schulwerkstatt (Ebene 2) individuelle Kunstwerke aus Wolle, Stoff und bunten Fäden. 

Freitag, 24. Januar: Valie Export – Ikone und Rebellin, 20 Uhr, Kino im U 
Unter dem Namen VALIE EXPORT hat sich die österreichische Medien- und Aktionskünstlerin Waltraud Höllinger seit den 1960er-Jahren als Pionierin provokanter feministischer Kunst einen Namen gemacht. Einfühlsam zeichnet der filmische Essay den Werdegang von VALIE EXPORT nach, wobei neben ihr auch nahestehende Künstlerinnen wie Elfriede Jelinek, Marina Abramovic und Vertreter*innen des Kunstbetriebes zu Wort kommen. Als Porträt höchst informativ, lebt der Film vor allem von den Aufzeichnungen der Performances, deren anarchischer Geist immer noch spürbar ist
(AT 2015, 52 Min., Regie: Claudia Müller, OmU, FSK 0). Eintrittspreis 8 Euro (5 Euro ermäßigt).

Donnerstag, 30. Januar, Kleiner Freitag: “Art on the MOve  – Schere, Stift, Kamera“ – Pionierinnen des Kinos, 19 Uhr, Ebene 6
Ein Kurzfilmprogramm über die Arbeit von Frauen in der Filmindustrie der 1910er- bis 1930er-Jahre. Schere, Stift, Kamera: Frauen begaben sich auf eine Entdeckungsreise dieses neuen Handwerks, schrieben, zeichneten und schnitten sowohl Papierfiguren als auch das Zelluloid: In den frühen Jahren war Montage Frauensache. Die Anfänge des Films sind magisch, witzig, ganz in der Tradition des Varietés. Film – das war ganz anders als das, was erst später – mit der Erfindung des Tonfilms – zu dem wurde, was wir heute „Kin“‘ nennen. Mit Alice Guy-Blaché, Lotte Reiniger, Ella Bergmann-Michel und Elisabeth Wilms. Anschließend Filmgespräch mit Stefanie Weißhorn-Ponert, Kuratorin, und Maxa Zoller (Leitung IFFF Dortmund+Köln).
Anmeldung erforderlich unter kleinerfreitag@stadtdo.de.

Sonntag, 2. Februar, Familiensonntag im U: „Kunstkiosk – Tausch dich glücklich!“, 12 bis 17 Uhr
Inspiriert durch die Ausstellung, können in der Schulwerkstatt zwei kleine Kunstwerke aus Modelliermasse angefertigt werden und anschließend mit jemand anderen getauscht werden.  
Schulwerkstatt, Ebene 2

Donnerstag, 13. Februar, Kleiner Freitag: „Art-Event: Malkurs“, 19 Uhr, Brauturm
Statt den Expressionismus nur zu bestaunen, sollen die Teilnehmer*innen einfach selbst den Pinsel in die Hand nehmen. Wie man expressionistisch malt, lernt man beim Acrylkurs für Einsteiger*innen.
Tickets unter www.dortmunder-u.de/tickets

Donnerstag, 27. Februar, Kleiner Freitag: „Art on the Move – Radical Flux –  Fluxus und Punk“, 19 Uhr, Ebene 6 
Punk und Fluxus teilen eine Haltung des Widerstands gegen etablierte Normen und feiern spontane, rohe Kreativität. Die Vermischung und gegenseitige Einflussnahme beider kultureller und kreativer Bewegungen zeigt sich in diversen filmischen Werken. Ein Filmprogramm über weibliche Selbstbestimmung, experimentelle Filmtechnik und Erzählstruktur sowie die Subversion stereotyper Darstellungen in einer heteronormativen Gesellschaft – ganz im Sinne des DIY-Punk-Ethos. Mit Filmen von u. a. Vivienne Dick und Barbara Hammer. Kuratiert von Sarah Niesius, freie Filmkuratorin. Anschließend Filmgespräch mit Anna-Lena Friebe (Kuratorin), Sarah Niesius und Maxa Zoller (Leitung IFFF Dortmund+Köln). Anmeldung erforderlich unter kleinerfreitag@stadtdo.de

Sonntag, 2. März, Familiensonntag im U: „Kunstworkshops für Familien – Buch-Kunst oder Kunst-Buch“, 12 bis 17 Uhr
Ein Buch aus Bohnen oder ein Buch, mit dem man Musik machen kann? Das gibt es – die sogenannten Kunstbücher können Teilnehmende in der Ausstellung kennen lernen und anschließend selbst welche fertigen.  Schulwerkstatt, Ebene 2

Donnerstag, 20. März, Kleiner Freitag: „Bin ich ein überflüssiger Mensch?“ (Mela Hartwig) – Zur Wiederentdeckung expressionistischer Autorinnen, 19 Uhr, Ebene 6
Lange Zeit prägte die von Kurt Pinthus herausgegebene Anthologie Menschheitsdämmerung (1919) das Bild der expressionistischen Lyrik. Darin war lediglich eine weibliche Autorin vertreten: Else Lasker-Schüler. Es gibt aber weit mehr expressionistische Autorinnen, die es wiederzuentdecken lohnt. An diesem Abend soll nachgeholt werden, was zu lange und zu Unrecht vergessen wurde. Vortrag von Dr. Sandra Beck, in Kooperation mit dem Fritz-Hüser-Institut.
Anmeldung erforderlich unter kleinerfreitag@stadtdo.de.

Kindergeburtstage im Expressionismus und Fluxus feiern 
Passend zur Ausstellung kann die Geburtstagsgesellschaft ganz im Sinne des Expressionismus eigene selbstbewusste Selbstportraits gestalten oder in der Druckwerkstatt experimentieren.
Dauer: 180 Minuten, 125 Euro inkl. Material und Eintritt, maximal für zwölf Kinder und 2 Begleitpersonen.

Rahmenprogramm

ALLE SEHEN