kiUTalk! #1: Kognition und Immersion
16.00 – 17.30 Uhr: Vorführung der Installation „Die Wand 360°” unter dem Dom und in VR
18.00 – 19.00 Uhr: Diskussion mit Thomas Krupa, Mario Simon und Harald Opel, Moderation: Tobias Bieseke
20.00 – 21.30 Uhr: Vorführung der Installation „Die Wand 360°” unter dem Dom und in VR
Für ein intensives, immersives Erlebnis ist nicht die Performanz der Technik entscheidend, sondern wie gut sich die Erzählung in das Wahrnehmungserlebnis der Zuschauer*innen einbetten lässt. Zusammen mit dem Regisseur Thomas Krupa (u. a. „Die Wand (360°)”), dem Videokünstler Mario Simon (u. a. „Borderline Prozession”) und dem künstlerischen Leiter des storyLab kiU Harald Opel (u. a. page21) diskutieren wir über die Potentiale des perzeptiven Zusammenspieles zwischen Kognition und Immersion. Diese Ausgabe des kiU Talk! wurde in Kooperation mit dem Projekt page21, dem immersiven Raum als begehbare Virtual-Reality-Installation im Dortmunder U, organisiert.
Über das Event
Das Gehirn liegt eingeschlossen unter unserer Schädeldecke in unserem Kopf und stellt damit die Bühne für die Repräsentation unserer Realitäten. Diese Realitäten werden über die körpereignen Sinne zu einer Vorstellung von Umwelt stimuliert. Das Gesamtbild dieser Stimulation ist der Inbegriff von Immersion – dem Eintauchen in ganzheitliche Vorstellungswelten. Doch was ist es, dass technischen Immersionen glaubwürdige Kohärenz gibt? Ist es die Perfektion technischer Darbietung? Ist es die intuitive Nachvollziehbarkeit einer Erzählung? Ist es das wahrhaftige Berühren der Gefühle, welche uns gänzlich eintauchen lässt? Oder ist es die Konfrontation mit fremden Wirklichkeitszuständen, die uns zu Aktivität anregen? Darüber diskutieren wir mit dem Regisseur Thomas Krupa, dem Videokünstler Mario Simon und dem künstlerischen Leiter des kiU Harald Opel.
Unsere Gäste
Thomas Krupa
Thomas Krupa ist Theaterregisseur, Bühnenbildner, Drehbuchautor und 360° VR-Filmer. Er arbeitet an der Schnittstelle von analogem Theater und dessen räumlichen Erweiterungen in den digitalen Raum. Nach mehr als zwei Jahrzehnten Arbeit im Bereich Musiktheater, Schauspiel und Tanz (u. a. in Essen, Freiburg, Karlsruhe, Basel, München, Berlin, Expo Hannover, Brüssel, New York) gründete er 2019 unter dem Label „Collective Archives“ eine Produktionsplattform, deren Schwerpunkt auf der Herstellung von immersiven Bild- und Klangräumen im Kontext von darstellendem Spiel liegt. Für seine Form des VR-Storytellings, nutzt er analoge und digitale Räume als Resonanzräume, in denen alles miteinander spielt und sich ständig verändern kann. Die Erzählformate bewegen sich zwischen Performance, Musik und Bildender Kunst und schaffen es, die Zuschauer*innen aus der Komfortzone des Zuschauerraumes herauszuholen und unmittelbar in die Inszenierung mitzunehmen. Ende 2023 gewann Krupa den Deutschen Theaterpreis DER FAUST für seinen VR 360° Film „Die Wand (360°)” in der Kategorie „Genrespringer“. Im Januar 2024 brachte er die Theaterperformance „Neometropolis” in Gießen zur Uraufführung, geschrieben vom Hongkonger Autor Pat To Yan, die Musik komponierte die Berliner Musikerin Lyhre.
Mario Simon
Mario Simon ist langjähriger künstlerischer Leiter der Videoabteilung am Theater Dortmund und arbeitete mit an den großen Produktionen von Kay Voges, wie „Die Borderline Prozession”, „4.48 Psychose”, „Das Fest” (beide 2013 für den Theaterpreis DER FAUST nominiert) und „Parallelwelt“. Er ist Erfinder und Entwickler neuer innovativer Medieneinsätze im Theater und heute verantwortlich für audio-visuelle Medientechnik und Audio-Video-Produktion an der Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund. Er ist regelmäßiger Besucher des Chaos Communication Congress und war Gitarrist der Punkband Anewhope. Für seine Arbeit erhielt er mehrere Preise u.a. den Förderpreis des Landes NRW für junge Künstler*innen. Simon experimentiert an der Akademie mit zahlreichen innovativen Formaten, u. a. mit Immersion, Holographie, Live-Kamera, Glitches und KI und setzt diese vielseitig im Theaterkontext ein.
Harald Opel
Harald Opel ist seit 2016 Erfinder und künstlerischer Leiter des storyLab kiU der Fachhochschule Dortmund im Dortmunder U und seines Zeichens ein radikaler Avantgardist. Geboren wurde er in Bayreuth, wo er schon in jungen Jahren die Vorstellung eines ganzheitlichen Gesamtkunstwerkes aufbaute. Mit seiner Arbeit „Nicht auszuschließen, dass er tot ist“ war er experimenteller Vordenker eines digitalen Zeitalters, wobei er die Möglichkeiten der filmischen Techniken des Films experimentell bis zur Perfektion brachte. So erschuf er mit seinem „Experiment Matrix für Arme“ den Bullet Time Effekt des Filmes „Matrix“ auf innovative Weise neu. Eine in Reihe geschalteter Kabelschacht, in dem ein Filmstreifen platziert war, wurde mittels einer Lochkamera gleichzeitig belichtet und somit der Augenblick in 360° eingefroren. Dabei sprang ein Darsteller in den Kamerakreis und war damit Auslöser für einen ersten Augenblick von Immersion. Dieser Prozess ist es, mit dem wir heute die Umwelt photogrammetrieren und als virtuelle 3D verfügbar machen. Er ist Vordenker und der Gegenwart uneinholbar voraus.
Tobias Bieseke (Moderation)
Tobias Bieseke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachhochschule Dortmund im storyLab kiU und beforscht die Potentiale von erweiterten Wahrnehmungen und Handlungsräume für die zeitgenössische Kunst. Er experimentiert im Rahmen der künstlerischen Forschung und bewegt sich auf der Schwelle zwischen künstlerischer Anwendung und wissenschaftlicher Untersuchung. Seit 2018 promoviert er an der Kunsthochschule für Medien (KHM) im Bereich der experimentellen Informatik unter Georg Trogemann zu dem Thema Extended Realities – Technisch erweiterte visuelle Wahrnehmung und deren Auswirkungen auf individuelle Handlungsräume in der zeitgenössischen Kunst.